Kölner Stadt-Anzeiger, Ausgabe vom 13.03.2014
WU
RHEIN-WUPPER / KOMMENTAR / Zum Weggang von Johannes Stert
Kein Interesse an lokalem Künstler
VON JAN STING,
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Johannes Stert dirigierte Modernes von Arvo Pärt und Arnold Schönberg, unterhielt mit feiner Filmmusik und prägte das Blasorchester durch ungewöhnliche Arrangements. Gemeinsam mit dem Ensemble erzielte der 50-Jährige Preise, die in der Musikszene aufhorchen lassen. Das alles ist nicht in wenigen Probenphasen aufzubauen, sondern spricht für eine intensive und fruchtbare musikalische Verbindung.
Dass der Verein seinen Motor und Mentor nicht halten kann, ist traurig, steht aber für eine verbreitete Problematik im Kulturbetrieb. Es fehlt das Geld. Gut, das ist das eine. Aber wenn es überhaupt eine Schuldfrage gibt, dann lohnt es sich, einmal nachzufragen, warum in einer Region, in der die Kulturmetropolen so dicht aufeinanderstoßen, dass es knistert, nicht der Blick just auf solche musikalisch wundersamen Entwicklungen fällt wie in Hilgen. Hätten nicht auch Nachbarstädte wie Köln, Leverkusen, Solingen oder Düsseldorf Stert in ihren Häusern eine Heimat geben können? International erfolgreich, hatte er Engagements in Graz, Kopenhagen, Lissabon und auch als Kapellmeister an der Kölner Oper. Das alles ist aber heute keine Garantie mehr auf Festanstellung und dauerhafte Verträge.
Was ist los im Kulturbetrieb, dass immer neue Koryphäen und Gastensembles angeheuert werden, fähige Leute vor der eigenen Haustür aber ins Schwabenland auswandern müssen? Der OVH hat gezeigt, dass Profis, Laien und semiprofessionelle Musiker in einem kleinen Ort wie Hilgen mit hohem idealistischen Einsatz etwas auf die Beine stellen können, das nicht nur beim Publikum aus Burscheid und Hilgen auf Beachtung stößt. Das gilt es zu fördern. Sterts Nachfolger ist zu wünschen, dass er das hohe Level des OVH halten kann und in Nachbarstädten Leverkusen, Leichlingen, Solingen, Köln oder Düsseldorf manchen fetten Paukenschlag setzt, damit man dort aufwacht.